Ein Brief aus September 2018, auf den ich keine Antwort erhielt.
Sehr geehrter X,
mein Name ist Alena Kahle und ich studiere Internationales Recht. Gestern habe ich ein Praktikum in der Friedensforschungbegonnen. Als Einstimmung habe ich mich heute Abend mit einer Tasse Tee auf mein Sofa gesetzt und den Rohingya-Genozid recherchiert, weil ich mich in Zukunft sehr auf Bangladesh und Myanmar konzentrieren werde.
Ich habe einerseits Dokumente aus der Verfassung Myanmars gelesen, mir aber auch Dokumentationen des BBC und der Deutschen Welle angesehen, welche mich teilweise zu Tränen gebracht haben.
Die Definition “Genozid” wird von der internationalen Staatengemeinschaft nicht leicht verteilt, und dass kürzlich genügend Beweise freigelegt wurden, sodass über die Situation tatsächlich als “Genozid” gesprochen werden kann, ist eine immenseErrungenschaft. Ich erhoffe mir vieles.
Ich hoffe, dass Sie sich wundern, was meine Recherchen mit Ihrem Beruf im EU-Parliament zu tun hat. Ich habe gestern, am ersten Tag meines Praktikums, mit einem jungen Mann aus dem heutigen Süd-Sudangesprochen, der seine Heimat verlassen musste, noch bevor der Sudan 2008 in zwei Teile verfiel. Darfur, die Hauptstadt des Sudan, stehtheutzutage fast als Synonym für “ethnic cleansing”, oder einfacher gesagt Genozid. Obwohl der Mord seines Vaters, seiner Mutter und seiner Geschwister bereits mehr als ein Jahrzehnt her ist, konnte er es nicht über sich bringen, mir mehr zu sagen, als dass sie wegen ihrer Stammesangehörigkeit brutal ermordet wurden.
Flucht ist für die Rohingya der einzige Ausweg, damit Babys nicht umgebracht werden. Abgeschlachtet, regelrecht. Ich habe im Internet Bilder von Kinderleichen gesehen, bei denen das Gehirn sichtbar war.
Was die Rohingya erleben, wurde erst nach langem Zögern als Genozid bezeichnet. Das, was im Sudan geschehen ist, muss also viel schlimmer gewesen sein.
Viele Sudanesen leben heute in Deutschland, den Niederlanden, Frankreich. Wenn sie kein Asyl genehmigt bekommen haben, dann leben sie in Zelten, in Gegenden wie Calais oder Griechenland.
Bitte verstehen Sie, dass Menschenleben auf dem Spiel stehen.
Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen,
Alena Kahle